Die Wüste lebt
… Nun möchte ich Euch ein Buch vorstellen, das es in sich hat. Regenschatten nennt es sich und stammt aus der Feder der Zürcher Autorin Seraina Kobler. Es ist ihr Erstlingswerk. Und um dieses gebührend zu würdigen, beginnen wir bei: Peter Schilling, dem ausgetrockneten Untergangs Propheten der Neuen Deutschen Welle. Er war der Held meiner Kindheit. Damals sorgten wir uns um das Waldsterben. Riesige Flächen in Europa lagen dank des sauren Regens und des Borkenkäfers blank rasiert in der Sonne. Der Wald, wie wir ihn kannten, schien in sich zusammen zu fallen. Zu modern, zu bröckeln und sich in Staub aufzulösen. Das war die Zeit, als die Anti AKW Bewegung und die Grüne Partei entstanden. Als Bio- und Öko Läden wie Pilze aus dem Boden schossen und Einkaufstüten mit «Jute statt Plastik» bedruckt wurden. Wir engagierten uns für den WWF, den Regenwald und Greenpeace. Das war vor 37 Jahren. Und Peter Schilling lieferte mit «Die Wüste lebt» den passenden Soundtrack hierfür. «Nach vielen tausend Jahren hat, die Erde nun die Menschheit satt» so lautete die erste Zeile seiner damaligen Hit-Single. Noch selten hatte die Welt einen so ausgemergelten Popstar zu Gesicht bekommen. Aschfahl und mit eingefallenen Backen stachen ihm die Wangenknochen sprichwörtlich aus dem Gesicht. Er war - frei nach Marshall Mcluhan - der Träger seiner Botschaft! «Alarmsignal, die Sonne brennt, heisser als, man sie kennt! Alarmsignal die Steppe bebt, die Luft vibriert, die Wüste lebt!»
Mit Regenschatten wirft uns Seraina Kobler einen Roman vor die Füsse, der uns mindestens einen Schritt zurückspringen lässt. So heiss ist der! Wie der brennende Vogel auf dem Buchdeckel suggeriert, geht es hier um die ganz grossen Themen: Um die Liebe, um die Klimakatastrophe und um Cocktails aus destillierten Gefühlen. Eine zutiefst erfundene Getränkeinnovation im Übrigen, aus der im Buch beschriebenen Rivera Bar. Nicht, dass der ganze Roman nicht schon ein Cocktail aus destillierten Gefühlen wäre, so nahe kommt Anna der Sonne, dass sie sich verbrennt, kommt die Menschheit und für sie stellvertretend die Einwohnerschaft der Stadt Zürich der Sonne so nahe, dass der Zürichberg und die ihn umgebenden Villen abfackeln...
Anna besitzt ein Radio, einen silbernen Weltempfänger ihrer Mutter, die aus der ehemaligen DDR stammt. Eine einstige Turmspringerin, die sich äusserst elegant ins Wasser fallen lassen kann. Anna dagegen, lässt sich äussert kapriziös ins Chaos fallen. «Immer wenn es regnet...» lautet ein Lied von Freundeskreis, «Immer wenn es regnet, muss ich an Dich denken, wie wir uns begegnen, kann mich nicht ablenken, nass bis auf die Haut, so stand sie da, um uns war es laut, wir kamen uns nah – A N N A.» Nur das es in Koblers Roman eben nicht regnet. Gar nicht. Nicht ein kleines bisschen. Und dies über Wochen und Monate hinweg. Ausgedörrt liegt die Landschaft da...
Jede Generation benötigt Helden. Idole, die man bewundern und denen man zustimmen und nacheifern kann. In Zeiten des Klimawandels, der Friday for Future Bewegung und von Black Lives Matter sind dies Greta Thunberg und AOC. Alexandria Ocasio Cortez, liebevoll AOC genannt, eine 31jährige, ehemalige puerto-ricanische Kellnerin aus der New Yorker Bronx, trat mit 29 als jüngste Abgeordnete dem US-Amerikanischen Kongress bei. Mit ihren über 9 Millionen Followern auf Twitter alleine ist sie auch ein sehr einflussreicher Social Media Star.
Wie AOC jobbt Anna neben ihrem Studium als Kellnerin. Nur, dass sie keine Heldin ist. Sie ist eine Anti-Heldin. Sie ist jemand, dem wir beim Straucheln zuschauen..
Und doch wächst sie uns ans Herz, die Anna. Und auch ihr wächst etwas unter dem Herzen, nach einem One Night Stand...
«Stell Euch vor, sagte Oskar, man könnte Gefühle destillieren. Stellt Euch vor, wie sie sich beim Einkochen vermischen und alles Unnötige verdampft. Es bliebe nur die reine Emotion übrig. Er schob mir das roséfarbene Getränk zu. Ich nippte daran und hielt es prüfend in die Höhe. Gin sagte ich dann. Erdbeere, Kardamon, Piment und ein paar Flitter Gold. Schmeckt nach Euphorie...»