Wohl ein Krimi-Highlight im Frühjahr, der auf eine Fortsetzung hoffen lässt
Besprechung von Hauke Harder auf Leseschatz.com
Seraina Koblers erster Krimi hat alles, was ich an Kriminalgeschichten liebe: Tolle und glaubhafte Figuren, ein schönes Setting und eine kluge Handlung. Der Hauptcharakter nimmt den Leser sofort für sich ein.
Seraina Kobler hat Linguistik, Kulturwissenschaften sowie literarisches Schreiben studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als Redakteurin bei verschiedenen Zeitungen. Ihr atmosphärischer Debütroman „Regenschatten“ ist eine Dystopie, die auch den Kern dieses Krimis in sich verbirgt: Der Umgang von uns Menschen miteinander und mit der Natur. „Tiefes, dunkles Blau“ ist ein Krimi in traumhafter Kulisse, der mit dem Gedanken spielt, was passieren könnte, wenn Wissenschaft auf die menschliche Schwäche trifft. Dies erinnert an die großartige Reihe um den Kieler Zoologen Hermann Pauli von Bernhard Kegel. Seraina Koblers Roman hat aber etwas mehr Wohlfühlatmosphäre in ihren Umschreibungen der Orte. Der Zürichsee und die darumliegende Landschaft bereiten beim Lesen pure Urlaubsstimmung. Eine Polizistin, die Kulturelles und Gastronomisches in ihrem Privatleben zelebriert, erscheint unglaublich sympathisch und weist hier und dort wohl viele Übereinstimmungen mit der Autorin auf.
Der Prolog erzählt von einem unfreiwilligen Beifang eines Fischers. Er hat in den letzten Tagen weniger Glück beim Fischfang und freut sich, als sein Netz etwas Schwereres eingefangen hat. Doch ist es eine männliche Wasserleiche, die die Winde emporzieht. Dann macht die Handlung einen kleinen Sprung zurück in der Zeit. Nach circa sechzig Seiten setzt der Verlauf wieder hier ein und die Wasserleiche versetzt die Züricher Polizei in Aufruhr.
Rosa Zambrano hat neu bei der Wasserpolizei angefangen und ihr Einsatzort ist der Zürichsee. Sie genießt das Leben in der Stadt und nutzt die Natur, besonders den See, für ihre Erholung oder für den Sport. Sie lädt sich gerne Freunde ein, die sie sehr gekonnt bewirtet. Weil sie noch keine bleibende Partnerschaft hat, empfindet sie eine kleine Leere im Leben und hat Sorge, eventuell kinderlos zu bleiben. Sie lässt bei einem Facharzt, Dr. Jansen, in einer Kinderwunschpraxis eine Kryokonservierung machen.
Dr. Jansen entpuppt sich später als genau jene Wasserleiche, die aus dem See gefischt wird. Der erfolgreiche Arzt hat auch nebenbei ein Biotech-Unternehmen geleitet, daher gehen die Ermittlungen in diverse Richtungen. Seine Ehe ist gescheitert und er hat eine neue Freundin, bei der er etwas versteckt hat. Ferner wirkt es, als hätte er zuweilen einen Escort-Service engagiert. Somit werden die Umstände, die zu seinem Mord geführt haben könnten, immer zwielichtiger und vielschichtiger.
Dies ist der erste Fall für Rosa Zambrano, der sie als Kriminal- und als Seepolizistin herausfordert. Durch den Fall, begegnen ihr Menschen aus der Vergangenheit, die ihr Liebesleben durcheinanderbringen. Der Fall stellt sie vor die Frage, ob die Natur, d.h. die Biologie ihren vorgesehenen Lauf nehmen soll oder ob der Mensch das Recht hat, mit seinem errungenen Wissen und Können einzugreifen und das Schicksal zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Eine Ermittlerin, die man sofort mag. Man bestaunt mit ihr ihren schönen Garten und möchte gerne Gast sein, wenn sie zum Essen einlädt. Auch bekommt man beim Lesen stets Lust, gut zu kochen. Das Buch hat viele sinnliche Momente und lebt vom Umfeld um den spannenden Fall, der zeitgemäße Fragen stellt.
Wohl ein Krimi-Highlight im Frühjahr, der auf eine Fortsetzung hoffen lässt, denn Wasserpolizei in dieser Qualität ist bisher nicht aufgetaucht.
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